Die Zeit ist reif: Klimawende jetzt!

Serpil Midyatli
Bild: Thomas Eisenkrätzer

Helmut Kohl war 1979 der erste Politiker, der im Bundestag das Wort „Energiewende“ benutzt hat: Er hat damals unsere SPD Schleswig-Holstein für ihr „Aktionsprogramm Energiewende“ kritisiert. Wir wollten den Atomausstieg und Erneuerbare Energien. Die CDU wollte mehr Atomkraftwerke.

Mein Vorgänger als Landesvorsitzender, Günther Jansen, setzte sich bereits Mitte der 1970er Jahre für einen Ausstieg aus der Atomkraft ein. Als die SPD 1988 endlich die Landesregierung übernahm, wurde er Minister – unter anderem für Energie. Günther Jansen formulierte bereits 1992 das Ziel des Landes, bis zum Jahr 2010 20 Prozent des Eigenbedarfes aus dem Wind zu gewinnen. Damals brachte es der SPD nur Spott und ein müdes Lächeln der Energiekonzerne ein. Dies Ziel wurde bereits im September 2001 erreicht. 2014 konnte sich Schleswig-Holstein zu 100 % selbst aus Erneuerbaren Energien versorgen. Möglich machte diesen Boom das Erneuerbare-Energien-Gesetz der rot-grünen Bundesregierung von 2000.

Als wir 2005 die Bundestagswahl verloren haben und mit Angela Merkel eine ehemalige Umweltministerin Kanzlerin wurde, schien es trotzdem weiter zu gehen. 2007 hatte Frau Merkel ihren Moment als Klimakanzlerin: Sie nutze die deutsche Ratspräsidentschaft, um die Europäische Union bis 2020 darauf zu verpflichten, die Treibhausgase um 20 % zu senken und den Anteil Erneuerbaren Energien auf 20 % zu steigern. Also im Prinzip das, was Günther Jansen 15 Jahre früher gefordert und überschnell umgesetzt hatte.

Passiert ist dann nichts. Angela Merkel selbst hat alles verhindert, was dabei helfen könnte, dieses Ziel zu erreichen: In der letzten Bundesregierung hat Frau Merkel jeden ernstzunehmenden Klimaschutzplan von SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks blockiert. Seither hält diese Blockade an.

Für mich ist es schlimm, dass wir in der Wahrnehmung vieler Bürgerinnen und Bürger in einen Topf mit der CDU geschmissen werden. Wir wollen Klimaschutz! Wir wollen Klimaschutz auch bezahlbar für Menschen mit wenig Geld. Wir wollen einen ordentlichen Umgang mit den Menschen, die heute noch von der Arbeit in der Kohle leben und den Regionen, die vom Kohleausstieg betroffen sind. Aber wir wollen mehr Klimaschutz und wir wollen ihn schneller. Das haben wir auf dem letzten Landesparteitag noch einmal betont.

Deswegen ist es richtig, dass SPD-Umweltministerin Svenja Schulze vorgestern nach der „Klimawahl“ der Kragen geplatzt ist: „Als Ressortchefin für Klimaschutz kann ich nicht länger auf die Befindlichkeiten in der Union Rücksicht nehmen. Wir brauchen beim Klimaschutz mehr Verbindlichkeit. Ich kann es jedenfalls nicht verantworten, hier noch mehr Zeit zu verlieren,“ schrieb sie auf Twitter. Recht hat sie! Die CDU hat lange genug blockiert und sie hat am Wochenende die Quittung dafür bekommen.

Auch in Schleswig-Holstein bremst die CDU. Gerade erst hat der Bundesverband Windenergie Alarm geschlagen: So wenig Windkraftanlagen wie zurzeit haben wir in den letzten 20 Jahren nicht gebaut. „Das Windland Schleswig-Holstein braucht dringend wieder mehr Baugenehmigungen, um erfolgreich am bundesweiten Ausschreibungsverfahren teilnehmen zu können. Nur mit der Ausweisung rechtssicherer Flächen kann Schleswig-Holstein weiterhin ein europäischer Vorreiter für Systemintegration, Direktbelieferung und Sektorenkopplung bleiben“, sagte Horst Leithoff, Landesvorsitzender des Windenergie in Schleswig-Holstein. Die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP ist dabei das Erbe der SPD-Klimapolitik zu verspielen!